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Zukunftswerkstätten werden häufig in der Bürgerbeteiligung
bei kommunalen Planungen eingesetzt. Der Grundgedanke dieser in
den 60er Jahren von Robert Jungk entwickelten Werkstatt-Arbeit ist
es, Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, Resignation
und Apathie zu überwinden und sich an Planungsprozessen zu
beteiligen. Sie werden als Expertinnen und Experten für ihr
Wohngebiet bzw. ihren Wirkungsbereich ernst genommen. Sie kennen
die Defizite ihres Wohnumfeldes, ihres Stadtviertels am besten und
haben während der Werkstatt-Arbeit Gelegenheit, ihre Wünsche
und Ideen einzubringen.
Ein weiteres kennzeichnendes Ziel der Zukunftswerkstatt ist es,
die Kreativität der Teilnehmer für die Problemlösung
zum jeweiligen Thema zu erschließen. Die Grundannahme ist,
dass jeder Mensch kreativ sein kann, diese Fähigkeit aber erst
zutage gefördert werden muss. Daher werden in der Zukunftswerkstatt
in aufeinander aufbauenden Schritten kreativitätsfördernde
Techniken eingesetzt. Der Titel „Werkstatt“ ist hier
durchaus ernst zu nehmen: In einer Zukunftswerkstatt wird - in der
Phantasiephase - tatsächlich „gewerkelt“ (z.B.
gemalt, gebastelt).
Damit die Kreativität Platz findet und nicht durch „Scheren
im Kopf“ bzw. „Killerphrasen“ sofort zerstört
wird, werden in der Zukunftswerkstatt drei Phasen streng getrennt:
die Kritikphase, die Phantasiephase und die Verwirklichungsphase.
In der Kritikphase wird eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Verhältnisse
vorgenommen. Dies ist wichtig, damit neue Ideen entwickelt werden
können. Unmut, negative Erfahrungen zum übergeordneten
Thema der Zukunftswerkstatt sollen geäußert werden.
In der Phantasiephase wird auf die geäußerte Kritik mit
eigenen Wünschen, Vorstellungen und alternativen Ideen geantwortet.
Hierbei sollen der eigenen Kreativität keine Grenzen gesetzt
sein - nur wer Visionen entwickelt, kann die eigenen Vorstellungen
in der Wirklichkeit umsetzen. Die Phantasiephase soll es möglich
machen, Unmögliches zu denken, um die vorhandenen Verhältnisse
infrage stellen zu können.
In der Verwirklichungsphase werden die entwickelten Visionen und
Phantasien auf ihre Realisierbarkeit überprüft. Die Durchsetzungschancen
der Ideen und Projekte für die Realität werden an den
gegebenen Verhältnissen gemessen. Versuche zur Überwindung
von Hindernissen werden diskutiert. Neue Ideen nehmen Gestalt an.
Gesamtbewertung:
Zukunftswerkstätten sind eine zielorientierte Methodik, wenn
es darum geht, die Kreativität von Menschen für ihr eigenes
Lebens-/Erfahrungsumfeld zu aktivieren. Vorhandener Unmut und Kritik
werden auf kreative Weise in konstruktive Projekte bis hin zu Maßnahmeplänen
umgesetzt. Die Methode eignet sich besonders, wenn die Zielgruppe
angeregt werden soll, über den eigenen Tellerrand hinaus zu
denken, und um Schwung in erlahmte Arbeitsteams zu bringen.
Literatur:
Jungk, Robert; Müller, Norbert R.: Zukunftswerkstätten.
Mit Phantasie gegen Routine und Resignation. München 1989.
Kuhnt, Beate; Müllert, Norbert: Moderationsfibel Zukunftswerkstätten.
Münster 1997 |